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Sharp dressed men…

Es wird von verschiedenen Stellen immer wieder behauptet, dass Schwedinnen die hübschesten Frauen und die Männer die bestangezogendsten der Welt wären. Worauf sich diese Behauptungen stützen wird natürlich nicht erwähnt – ganz davon abgesehen, dass diese Einschätzung rein subjektiver Natur sein dürfte. Da wir ja seit mittlerweile fast fünf Monaten die Gelegenheit haben, die Behauptungen vor Ort zu überprüfen, geben wir euch mal unsere (selbstverständlich subjektiven) Einschätzungen wieder. Und weil das Ganze viel lustiger wird, wenn wir unsere Einschätzungen unabhängig voneinander niederschreiben, haben wir das getan.

Im ersten Teil gehen wir der Frage nach: Kleiden sich die schwedischen Männer wirklich herausragend gut?

Was ER meint:

Wie bei allem gibt es auch beim Kleidungsstil Ausnahmen, die die Regel bestätigen – um das Ganze mal diplomatisch auszudrücken. Ich werde meinen Vergleich auch auf die den Durchschnitt der deutschen Männer beschränken, da meine Erfahrung auch nur das zulässt. Generell würde ich diese Frage mit einem vorsichtigen „ja“ beantworten.

Fangen wir zuerst beim Business-Stil an: Was man sehr selten in Schweden sieht, sind Männer im Anzug mit Sakko. Der deutsche Bankmitarbeiter beispielsweise läuft während seiner Mittagspause in 99% der Fälle mit einem „seriösen“ Anzug herum. In Schweden trägt der Bankmitarbeiter (ja, wir waren auch in einer Bank) eine Hose („Ach was!“), die auch gerne eine Jeans sein kann, und dazu ein sauberes Hemd. Krawatte? Ja, durchaus möglich, aber nur optional. Ist er dadurch weniger seriös? Mitnichten. Außerdem schwitzt er nicht wie ein Schwein, sobald die Sonne raus kommt, was sich wiederum positiv aus die Seriosität auswirkt. 😉

Jetzt kommt der Transit aus einem Bereich, in dem man „seriöse Kleidung“ (wie auch immer das definiert wird) erwartet, zum Alltagsleben: Lustigerweise unterscheidet sich die Alltagskleidung der schwedischen Männer beim Essen mit Familie/Freunden oder bei öffentlichen Veranstaltungen kaum von der Business-Kleidung der „seriösen Berufe“. Sicher, auf Hochzeiten beispielsweise wird während dem offiziellen Part auch ein Sakko getragen, aber sobald es an das gemütliche Beisammensein geht, wird sofort der Bequemlichkeits-Modus aktiviert und Sakko und Krawatte werden wieder verräumt – sofern die Temperatur das erlaubt (falls nicht, darf zumindest das Sakko bleiben).

Womit der schwedische Mann sparsam umgeht sind Muster und Aufdrucke. Auch ein beliebter Stil der schwedischen Männer ist nämlich „Jeans und T-Shirt“. Dabei sind aber folgende Regeln zu beachten:

  • Muster sparsam einsetzen (T-Shirt oder Hemd, selten die Hose)
  • Aufdrucke auf dem T-Shirt nur dezent (keine Bandshirts mit bunten Bildern)
  • kombinierbare Farben (schwarz, weiß, blau, braun sind sehr häufig)
  • ein farblich abgestimmter Gürtel ist ein Muss
  • Schuhe sehr bequem (tatsächlich haben auch Männer mit Anzug fast nie „seriöse“ Lackschuhe an, sonder Sneaker)
  • nur gut sitzende Sachen (keine ausgebeulten Schlabber-Shirts; der skandinavische „Schlabber-Look“ sei davon ausgenommen, allerdings ist der im Straßenbild recht selten)

Ich glaube auf den Punkt gebracht legt der Schwede bei der Kleidung Wert auf: Bequemlichkeit, dezente Farb-/Auswahl und gepflegte Kleidungsstücke.

Auch in Sachen Körperpflege ist der schwedische Mann engagiert: Die Haare auf Kopf und im Gesicht sind gestutzt und/oder gestriegelt, das Gesicht gewaschen und die Zähne geputzt – um es mal kurz und knapp zu sagen. 😉
Der schwedische Mann treibt auch viel Sport. Ich glaube, ich habe in keinem anderen Land so viele Männer beim Joggen gesehen, wie in Schweden (was mir wiederum regelmäßig ein schlechtes Gewissen beschert). Dementsprechend tendiert der durchschnittliche Schwede geringfügig zu einem athletischeren Körperbau.
Das Auftreten der Männer ist selbstbewusst, ruhig und freundlich. Es ist äußerst selten, dass ein Schwede durch sein lautes Gebaren auf sich aufmerksam macht. Auch der („optische“) Macho (ja, der mit den Goldkettchen und den gegelten Haaren) ist hier ein sehr seltenes Exemplar. Schweden ist ein Land, das in Sachen Gleichberechtigung viel weiter ist, als Deutschland – dementsprechend wird Frauen hier nicht hinterhergerufen oder -pfiffen.

Im Zentrum meiner Ausführung steht hier eindeutig die Mittelschicht. Wie in anderen Ländern auch, gibt es Menschen, die optisch eher dem englischen Landadel entsprechen würden, und andere, die mit Tennissocken und Sandalen zum Essen gehen (ja, ein kleiner Seitenhieb). Einigen sieht man auch an, dass sie aus Verhältnissen um die Armutsgrenze kommen, aber auch diese versuchen (meistens) sich so gut wie möglich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Um so mehr fallen dann die Männer auf, die das nicht tun.

Im Vergleich zu den deutschen Männern, bei denen ich manchmal das Gefühl habe, dass es nur die Extreme „superseriös“ und „schlabberlabbrig“ gibt (ja gut, ich übertreibe), liegt hier der Fokus eher darauf, weder over- noch underdressed zu sein, und sich in der bestmöglichen Weise in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Exorbitant ist der Unterschied nicht, aber Kleinvieh macht ja bekanntlich auch Mist. =)

Ich würde sagen, dass ich meine Ausführungen hier beende, und bin gespannt, was meine Frau zu diesem Thema beisteuert.

Was SIE meint:

Wie sieht es mit den Herren aus, aus meiner weiblichen Sicht? Sind alle Schweden muskelbepackte Wikinger mit Vollbart und geflochtenen Haaren?

Eher nein (auch wenn es durchaus Solche gibt 😉). Es gibt die schwedischen Männer in allen Größen, Gewichtsklassen und Hautfarben. Aber: die Schweden sind schon ein Stück größer als die (meisten) deutschen Männer und auch lange Haare sind hier deutlich öfter zu sehen als bei uns.

Die schwedischen Männer treten selbstbewusst und selbstsicher auf und das ganz ohne dabei arrogant oder machomäßig zu wirken. Sie wirken eher entspannt und ausgeglichen. 

Was trägt so ein moderner Schwede? Nun im Winter vorwiegend Schwarz. Sobald es aber wärmer wird, werden die Farben etwas heller.

Es werden oft Hemden (nicht unbedingt Bürohemden) getragen: Hemd mit Pulli, Hemd mit T-Shirt oder auch mal Hemd allein (mit Hose natürlich). Im Winter werden vorwiegend dunkle Hosen getragen und sobald es wärmer wird kommen dann die kurzen Hosen raus. Oft sieht man knielange Stoffhosen mit hellem Shirt und dünnen Hemd in Kombination.

Bei den Schuhen sind es bequeme Sneakers. Diese werden auch zum Anzug getragen, meist sind es schwarze oder weiße Exemplare.

Die Kleidung ist in den meisten Fällen farblich aufeinander abgestimmt, etwas figurbetonter (also keine unförmigen weiten Shirts) und leger. Haare und Bart ordentlich frisiert und allgemein wirkt es so als würden die Schweden auf ihr Äußeres achten ohne es zu übertreiben oder gar damit „angeben“ zu wollen. Es wirkt nicht gekünstelt oder übertreben sonder „lagom„. Lagom bedeutet auf Schwedisch in etwa: nicht zu viel und nicht zu wenig – es ist genau richtig.

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