Kreuz und queer…
Im vorletzten (zugegebenermaßen leicht pessimistischen) Artikel, habe ich ja bereits kurz die Einstellung angeschnitten, dass jeder Mensch seine Würde und seinen Wert hätte. Was ist an dieser Einstellung nicht nur menschlich, sondern auch schwedisch?
Dass in Skandinavien sehr viel Rücksicht auf die Mitmenschen genommen wird und Höflichkeit einen hohen Stellenwert hat, das habe ich ja in den vergangenen Beiträgen bereits erwähnt und möchte das an dieser Stelle nicht erneut aufgreifen. Diese Einstellung bringt auch ein weiteres Phänomen mit sich: die Toleranz gegenüber seinen Mitmenschen. Grundsätzlich gilt die Regel: Jeder kann sein Leben so führen wie er möchte, solange er niemand anderen in dessen Leben einschränkt. Das in Deutschland durchaus übliche „Lästern“ über Mitmenschen („Hast du die gesehen? Bei DER Figur würde ich DAS sicher nicht in der Öffentlichkeit anziehen!“) ist in Schweden nicht nur unüblich, sondern auch verpönt. Hier in Schweden handelt es sich dann um einen Mitmenschen, der zwar den persönlichen Geschmack möglicherweise nicht teilt, aber trotzdem eine gleichwertige Person ist und bleibt. Und diese Person hat das Recht ihr eigenes Leben so zu gestalten, wie sich möchte.
Diese Einstellung hat nicht nur schwedens Geschichte als Einwanderungsland mit Toleranz gegenüber anderen Kulturen gefördert [Eine nicht ganz geglückte Integrationspolitik hat allerdings die Bildung von Subkulturen gefördert und damit auch zum Aufblühen der Bandenkriminalität in den Städten geführt. Es handelt sich bei Schweden nicht um ein romantisches Bullerbü-Paradis, sondern um ein Land, das vieles besser macht, aber durchaus seine Schattenseiten hat.], sondern seit langer Zeit auch Minderheiten und „LGBTQIA+“-Communities als gleichwertig anerkennt und darauf stolz ist.
Als wir beispielsweise vor vier Jahren in Örebro waren, gab es in der Nikolaikyrkan (Sankt Nikolai-Kirche) eine Ausstellung zum Thema Homosexualität in der Kirche – ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt in Deutschland eine solche Ausstellung in einer Kirche gesehen hätte.
In diesem Sinne: Leben und leben lassen. Schönes Wochenende!
Springpride in Eskilstuna 2023:
Kleinigkeiten wie dieses WC-Schild oder kleine Fahnen in Blumeküblen, begegnen uns immer wieder in Schweden